Wolfgang Voigt:
KÜHLE ARRANGEMENTS AUS STEIN UND ALUMINIUM MIT SORGFÄLTIGEN BRÜCHEN

Der norwegische Kunstasket Terje Roalkvam stellt ein Dutzend aktueller Skulpturarbeiten in der Ettlinger Galerie Emilia Suciu aus

Ein regelmässiger, matt schimmernder und flach geschnittener Kubus aus Aluminium, an seiner Längsseite ein Quader gleicher Form, diesmal in dunkel schimmerndem Marmor. Ein bruch, wo beide Körper aufeinandertreffen: Ausgefranst, unregelmässig und widerborstig, so zeigt sich der düstere Stein von ansonsten glatter Oberfläche. Wenig Geste, keine Prätention – nur das kühle Arrangement aus stein und Aluminium mit seiner ganz individuellen «Bruchstelle», scheinbar schwerelos an der Wand.

Nur ein Dutzend solch minimalistischer Arbeiten zeigt die Ettlinger Galerie Emilia Suciu. Der Künstler ist ein alter Bekannter: Terje Roalkvam. Schon vor fünf Jahren stellte die Galerie – damals norch im Karlsruher Osten – den norwegischen Asketen aus. Eine höchst individuelle Sprache hat der Künstler gefunden. Seine Arbeiten konzentrieren sich auf grundlegende künstlerische Bedingungen wie Form, Linie und Material. Die folge: Nicht darstellend, sondern gänzlich selbstbezogen sind die Objekte aus dem Norden. Bewusst, so scheint es, hat sich Roalkvam von der seit Edvard Munch allgegenwärtigen expressiven Tradition seines Heimatlandes entfernt. Zugusten von Grundstrukturen der Wirklichkeit: Ein regelmässiges Trapez, in der Mitte vertikal geteilt, scheidet Aluminium von Schiefer. Fast chirurgisch exakte Schnitte korrespondieren mit Brechungen, die das Relief des Materials nachvollziehen.

Wandobjekte aber auch anders: Zwei zierliche Zylinder aus Aluminium hängen horizontal nebeneinander, dazwischen sprengt nacktes Geäst die strenge Ordnung. Der Stamm nimmt Form und Durchmesser der metallenen Stangen auf, um auf kurzer Strecke gleichsam zu expoldieren: Immer weiter verzweigen sich die Äste, schiessen gar am Korsett der Aluminiumbegrenzung vorbei, um dann doch wieder aufgefangen und gebündelt zu werden. Treibholz hat Terje Roalkvam für dieses Ensemble genutzt, und sein Anliegen wird in der Arbeit besonders augenfällig: Rationales Kalkül und sinnliches Empfinden konkurrieren. Leise und gleichzeitig höchst pointiert, so gelingt es Roalkvam seine Position zu formulieren.

Obschon sich die Arbeit Roalkvam leicht in die Tradition der Minimal art als Kontrapunkt zur Pop-art einreihen lässt, hat der Mann aus dem Norden dennoch eine ganz eigene Sprache gefunden. Nach kurzer Gewöhnungszeit sind die Arbeiten schlüssig und offenbaren eine ausgeprägte Stärke für höchstpersönliche Umsetzungen ästhetischer Fragen und Probleme. Etwa bei Arbeiten, wo Kreisformen in Schiefer und Metall in Beziehung treten, und Oberflächenstruktur wie Kontur zu gemeinsamen Klang finden.

Wolfgang Voigt
BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN
22.Mai 1997